Mittlerweile hat sich der 59-jährige Chef des Herstellers für mobile Wiegesysteme mit der Auszeichnung angefreundet und freut sich auf den Preis. "Es sind die Mitarbeiter, die die Firma voranbringen", das betont Ludger Wissing immer wieder, als er die Firmengeschichte Revue passieren lässt. Bis zum heutigen Unternehmen mit zehn Millionen Euro Umsatz und 86 Mitarbeitern - 45 davon arbeiten in der Unternehmenszentrale an der Robert-Bosch-Straße - war es ein weiter Weg. "Die etablierten Hersteller haben gesagt, das gehe nicht und haben gar nicht erst versucht, mobile Wiegesysteme zu entwickeln", erinnert sich der gebürtige Heidener, der heute in Gescher lebt.
Pioniergeist
Mit Pioniergeist, Innovationskraft und großer Hartnäckigkeit machte sich 1979 Unternehmensgründer und Namensgeber Hans-Günther Pfreundt im Keller seines Einfamilienhauses in Südlohn an die Entwicklung von Überlastsystemen für Kräne. Was keiner geglaubt hatte: Der heute 86-Jährige fand den richtigen Ansatz, erhielt erste Patente und schon bald arbeiteten in dem Keller an der Wibbeltstraße sechs Mitarbeiter. Ludger Wissing nennt sie heute "Kellerkinder" - und er war eines davon.
1986, nach Abschluss seines Studiums der Elektrotechnik, traf er sich an einem Sonntag zum Vorstellungsgespräch mit seinem späteren Chef. Damals war noch nicht die Rede davon, dass Wissing einmal das Unternehmen übernehmen könnte. Wohl aber deutete sein neuer Chef an, dass seine erwachsenen Kinder versorgt seien und die Unternehmensnachfolge noch zu regeln sei.
"Ich wollte mich immer selbstständig machen", meint Wissing in diesem Zusammenhang, betont aber, dass damals die Innovationskraft des Unternehmens sein Grund war, nach Südlohn zu kommen.
Weg zur Eichfähigkeit
Der Durchbruch für die Wiegesysteme von Pfreundt nahm 1984 Fahrt auf, als das Unternehmen sich mit der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt darauf verständigte, 25 Probeanlagen für mobile Wiegesysteme zu installieren. Ziel war es, die Eichfähigkeit der Waagen von Pfreundt zu beweisen. Für die Zulassung mobiler Systeme gab es damals noch keine gesetzlichen Grundlagen.
Das ist heute anders. Nach der Zulassung erkannten viele Unternehmen schnell, dass es die wirtschaftlichste Lösung ist, direkt im Bagger, Radlader oder anderen Geräten eine Waage zu haben. Die Pfreundt-Revolution nahm Fahrt auf. Heute hat das Unternehmen allein in Deutschland 10000 Kunden und ist weltweit mit Niederlassungen vertreten. Bescheiden spricht Wissing vom "Nischenprodukt", das er herstellt und mit dem flüssiger Stahl in Afrika ebenso gewogen wird wie Phosphat in Marokko oder Kupfererz in Chile - wohlgemerkt mit mobilen Systemen.
Umwelt-Gedanke
Doch zurück zum Unternehmerpreisträger: Der Vater von drei erwachsenen Kindern ist mit seiner Mannschaft vor vier Jahren in ein neues Unternehmensgebäude gezogen. Umweltgesichtspunkte (Geothermie, passive Kühlung im Sommer...) waren ihm dabei genauso wichtig wie die persönliche Atmosphäre, die er seinen Mitarbeitern bieten will. Der auf CO2-Einsparung ausgerichtete Firmenkomplex passt für Wissing gut zum Produkt, mit dem durch wegfallende Transportwege ebenfalls CO2 eingespart wird. "Wir wollen etwas für unseren Globus tun, mit unseren Produkten und im Unternehmen", meint der Unternehmer. Dazu passt auch der tägliche Weg der Mitarbeiter zur Post mit dem "Firmenfahrrad" oder das möglichst papierlose Büro.
Mit persönlicher Atmosphäre meint der Motorradfahrer (BMW), Naturfreund, Jäger und Hobby-Pilot für sein familiengeführtes Unternehmen - seine Tochter Judith ist bereits im Unternehmen - das Verhältnis der Mitarbeiter untereinander oder zum Chef. Die Möglichkeit der Kinderbetreuung im Unternehmen, freiwillige Sozialleistungen oder das Angebot der Gewinnbeteiligung für alle Mitarbeiter runden das Bild in diesem Bereich ab und machen Pfreundt zu einem attraktiven Arbeitgeber. "Wir haben begeisterte Mitarbeiter", meint Wissing, und die Freude darüber wird in seinem Lächeln deutlich.
Innovationskraft
Die Jury für den Unternehmerpreis hat neben Unternehmensentwicklung oder Innovationskraft aber auch noch andere Kriterien bei der Preisvergabe einfließen lassen. Beispielsweise das soziale Engagement des Unternehmens oder des Unternehmers. Hier hält es Wissing wie bereits eingangs gesagt: Er steht nicht so gerne in der Öffentlichkeit und engagiert sich im Stillen. In der Bürgerstiftung in Gescher ist Ludger Wissing mit seiner Frau Ute aktiv. Was er außerdem aufzählt, geht dann weit über die Trikotwerbung für eine Fußballmannschaft hinaus.
Fragt man Ludger Wissing nach der Maxime seines Handelns, dann fasst er das in wenigen Worten zusammen: "Was ich denke, woran ich glaube, das kann ich auch umsetzen". Damit schließt sich auch der Kreis zur Unternehmensgründung. Damals hat zunächst auch nur einer an die Idee einer mobilen Waage geglaubt. Heute leitet der "Unternehmer des Jahres" den Weltmarktführer für mobile Wiegesysteme.
Bericht:Münsterlandzeitung vom